Uferkirche: Gottesdienst mit Harvey Cox

Prof. Harvey Cox. Bild: Harvard Divinity School

Am 10. August wird einer der in der Welt bekanntesten Theologen, Harvey Cox, im Gottesdienst der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde (Uferkirche) zu Gast sein und die Predigt halten. Der Gottesdienst beginnt um 10 Uhr.

Cox schrieb in den frühen 1960er Jahren sein Buch „The Secular City“, was auch auf Deutsch erschienen ist, leider unter dem missverständlichen Titel „Stadt ohne Gott“. Das Buch wurde in 11 Sprachen übersetzt und in weit über 1 Million Exemplaren verkauft, was für ein theologisches Buch wahrlich eine Seltenheit darstellt. Aufgrund dieses Buches erhielt er eine Professur an der Harvard Universität. Dort ist er immer noch als Forscher tätig.

Erich Geldbach schreibt im Gemeindebrief der Uferkirche:

Harvey Cox wurde 1929 in einem Vorwort von Philadelphia geboren, wo er auch aufwuchs. Nach Abschluss seiner akademischen Ausbildung an der Universität von Pennsylvania und den Universitäten Yale und Harvard, wo er promovierte, verbrachte Cox ein Jahre (1962-1963) in Berlin, wo er als ökumenischer Mitarbeiter der Gossner-Mission den Ost-West Konflikt hautnah kennenlernte. Aus diesen Erfahrungen entstand sein erstes Buch mit dem Titel „The Secular City = Die säkulare Stadt“. Das Buch entwickelte sich zu einem vollen Erfolg, verkaufte sich in über einer Million Exemplaren und wurde in elf Sprachen übersetzt. Das ist für ein theologisches Buch sensationell. Der deutsche Titel „Stadt ohne Gott“ ist leider irreführend. Denn Cox ging es nicht darum, die Stadt als gott-los zu analysieren, sondern als „säkular“, so dass man Gott und seine Spuren in einem säkularen Umfeld suchen muss. Berlin bot sich dafür geradezu als Musterbeispiel an, weil nach neuen Forschungen der Kirchenbesuch in der preußischen Hauptstadt bereits um das Jahr 1800 (prozentual) geringer war als heute. Der Berliner Baptistenprediger Gottfried Wilhelm Lehmann (1799-1882) berichtete, dass um die Mitte des 19. Jahrhunderts von den damals etwa 500.000 Einwohnern „nach einer ehrlichen Schätzung“ nur 20.000 „regelmäßig oder überhaupt noch“ die Kirche besuchen würden, d.h. weniger als 5%.

Als Harvey Cox in Berlin ankam, war ein Jahr zuvor die Mauer errichtet worden, so dass man die politischen und kulturellen Faktoren studieren konnte, vor die sich die Kirchen diesseits und jenseits der Mauer gestellt sahen. Seine Berliner Erfahrungen sind stark in den Bestseller eingeflossen, dessen Untertitel lautet „Säkularisierung und Urbanisierung in theologischer Perspektive.“ Cox argumentiert, dass die Säkularisierung selbst ein Ergebnis des biblischen Glaubens ist und dass die Säkularisierung die Tagesordnung für die Sendung (= Mission) der Kirche bestimmen sollte. Das Buch führte zu seiner Ernennung als Professor der Harvard Universität und hat Jahrzehnte richtungsweisend gewirkt.

Harvey Cox ist viel in der Welt gereist, hat sich mit vielen Religionen und religiösen Strömungen, in letzter Zeit besonders mit der Pfingstbewegung, beschäftigt und zahlreiche Bücher geschrieben, die oft weniger „akademisch“, dafür aber von seinen Erfahrungen getränkt sind, so z. B. seine ins Deutsche übersetzten Bücher „Der Christ als Rebell oder Streitreden wider die Trägheit“, das 1967 im Oncken Verlag erschienen ist, oder „Verführung des Geistes“ im Kreuz Verlag 1974 oder „Göttliche Spiele. Meine Erfahrungen mit den Religionen“ im Herder Verlag 1988. Sein Buch „Die Zukunft des Glaubens“, das zu seiner Pensionierung 2009 erschien, hat er seinen neun Enkelkindern gewidmet. Der Buchtitel „Der Christ als Rebell“ kann durchaus wörtlich genommen werden; denn bei seiner ersten Ernennung als Professor an einem Bostoner Seminar konnte er nicht anwesend sein: Er hatte an einem Freiheitsmarsch im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung Martin Luther Kings teilgenommen und war vorübergehend inhaftiert.

Harvey Cox erhielt im Juni 2011 die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Humboldt Universität zu Berlin. Bei dieser Gelegenheit hielt er eine Vorlesung und spielte anschließend bei dem Empfang mit einem Berliner Jazz-Trio das Saxophon. So hatten meine Frau und ich Harvey Cox in Erinnerung: der untypische, geniale Professor, zugleich ein Trendsetter und ein aufmerksamer Beobachter der religiösen Szene und ihrer dynamischen gesellschaftlichen Kraft und dazu sein Saxophon spielend, für uns unvergesslich bei der Sylvester Party 1975/76

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